STOPP! Hast Du die vorherigen Beiträge  noch nicht gelesen? Dann hol das am besten nach! Die Blog-Kategorie „Erinnerungen“ beschreibt eine fortlaufende Geschichte, beginnend im Jahr 2014. Nimm Dir doch ein wenig Zeit und schau nach, wie die Geschichte begonnen hat.

  • 1. Eintrag (Wie alles begann #1: „I’m going on an adventure!“)
  • 2. Eintrag (Wie alles begann #2: „Hello Mister Gottstein!“)
  • 3. Eintrag (Wie alles begann #3: „Der erste Dämpfer“)
  • 4. Eintrag (Wie alles begann #4: „Andere Länder, andere Sitten.“)
  • 5. Eintrag (Wie alles begann #5: „Der erste Schultag“)
  • 6. Eintrag (Wie alles begann #6: „Schlemmen auf der Insel der Götter“)
  • 7. Eintrag (Wie alles begann #7: „Mit 120km/h auf dem Zweirad“)

Hallo Du! Ich freue mich, dass Du vorbeischaust. Der heutige Blogeintrag handelt von meinem Aufstieg auf den höchsten, aktiven Vulkan der Insel.

 Nicolas und ich auf dem Gunung Agung, 3142m, aktiver Schichtvulkan

Mittlerweile waren neue Volunteers im Homestay angekommen und andere hatten sich verabschiedet. So ist das eben, wenn die Programmdauer irgendwo zwischen 4 und 12 Wochen liegt. Mein neuer Zimmergenosse Nicolas kam aus der Schweiz und steckte dort mitten im Studium. Seine Liebe zu den Alpen ließ uns immer wieder auf ein bestimmtes Thema kommen: Vulkane.

Ab und an redeten wir mit Homestay-Gästen, die vom Gunung Batur kamen (aktiver Schichtvulkan auf Bali, 1717m hoch) und scherzten, dass wir diese „Touristen-Tour“ nicht mitmachen würden, sondern wenn, dann direkt den höchsten Vulkan der Insel erklimmen wollten. Ja, ja. So sind wir Männer eben. Immer einen auf dicke Hose machen. Tatsächlich setzten wir unseren Plan aber in die Tat um. Viel Spaß beim Lesen meines kleinen Rückblicks 🙂 PS: So schnell bekommt mich da niemand wieder hoch!

Discalimer: Das Erklimmen des Vulkans ist ausschließlich in Begleitung eines Guides gestattet, denn in der Vergangenheit verschwanden mehrfach Personen während des Aufstiegs. Später fand man nur noch deren Gepäck. Ohne Führung hätten wir den Weg nach oben auch niemals gefunden.

Mit unseren Rollern fuhren wir vom Homestay direkt zum Haus unseres gebuchten Guides (ca. 90min Fahrt). Dort angekommen sprachen wir erstmal über Sicherheitsvorkehrungen und unser Gepäck. Wir planten vor der letzten Etappe ein Lager aufzuschlagen und ein wenig zu schlafen. Daher hatten wir Decken und Unterlagen dabei. Dazu kam unsere Verpflegung bestehend aus Sate Kambing (Ziegenfleisch), Reispudding und so viel Wasser, wie wir tragen konnten. Voll motiviert fuhren wir durch Felder bis zum Fuß des Berges. Kaum angekommen, liefen wir auch schon los. Ehe man sich versieht ist man auf dem Weg, einen mehr als 3000m hohen Vulkan zu erklimmen. „Was ist auch schon dabei?“, dachten wir uns. Bald sollte sich herausstellen, dass wir unser Vorhaben nicht auf die leichte Schulter hätten nehmen sollen.

 

Gede, unser Guide, war herzensgut. Zweimal die Woche erklomm er den Gunung Agung während der Saison (April-September). Davon konnte und kann er seine Familie mehr als gut ernähren. Leider war sein Körper gezeichnet von den Strapazen der andauernden Aufstiege. Wir sprachen während der ersten Stunden der Aufstiegs viel über seine Familie und den Beruf als Guide. Bis heute habe ich großen Respekt vor der Verantwortung, die Gede Aufstieg um Aufstieg auf seine Schultern lädt.

Die ersten paar hundert Meter des Aufstiegs führten durch dichten Wald und Trampelpfade. Wir kamen super voran und legten ein ordentliches Tempo vor. Trotzdem legten wir ab und zu Pausen ein. Nicolas und ich hatten vorher ein bisschen gelesen und dachten uns zu dem Zeitpunkt: „Was haben die Leute bloß, haben die eine andere Route nach oben genommen?“. Nein, hatten sie definitiv nicht. Der eigentliche „Aufstieg“ lag noch vor uns. Bis auf ein wenig Geschick im Klettern war bisher nicht viel gefordert.

Es wurde dunkel. Kein Ton war zu hören. Ab und zu sprangen Affen an den Bäumen neben uns von Ast zu Ast. Die Atmosphäre war gespenstisch, der Himmel fast nicht zu erkennen. Es wurde steiler. Seit einigen Stunden hatten wir keine anderen Menschen gesehen oder gehört. Die Temperatur sank drastisch. Gede und wir legten eine Pause ein um uns umzuziehen und zu stärken.

So langsam begriffen wir, wovon die Berichte online handelten. Taschenlampen an. Aufstieg zum Zwischenlager.

Meter für Meter kletterten wir nach oben. Mit Seilen halfen wir uns gegenseitig und sicherten uns vor einem Absturz. Die Baumdichte nahm ab. Die Baumgrenze war nah. Auf der letzten Etappe trafen wir eine Gruppe Locals, die auch einen Zwischenstopp einlegten.  Wir machten kurz rast und rafften uns dann wieder auf, die letzten Meter bis zu unserem Zwischenlager zügig zu schaffen. Eins kann ich Euch sagen: Ungefähr 20 Minuten bevor wir endlich an unserem Lagerplatz ankamen, hatte ich absolut keine Kraft mehr. Der größte Sportler bin ich allerdings auch nicht. Meistens hilft mir mein Wille über solche Phasen hinweg. Als mir dann auch noch eine Ladung Steine an einer kritischen Stelle entgegenkam, wollte ich fast aufgeben. Mit offenen Knien und völlig abgekämpft kamen wir final am Lagerplatz an. Puuuuh. Ich war komplett im Eimer.

Gede entfachte ein Feuer mit gesammeltem Holz und kochte Tee für uns. Ich habe noch nie im meinem Leben einen Tee so genossen wie in diesem Moment. Aber wirklich warm wurde uns nicht. Der Wind pfiff aus allen Richtungen. Das Feuer brannte so schnell runter, dass wir immer wieder neues Holz besorgen mussten. Zum Glück standen ein paar vereinzelte Bäume nur unweit entfernt von unserem Lager.

Einer Sache hatte ich noch gar keine Aufmerksamkeit gewidmet: dem Himmel. Wahnsinn! Fernab der Zivilisation, über den Wolken. Ihr könnt euch das Bild vorstellen, Ein direkter Blick auf die Milchstraße und Millionen von Sternen. Eine Entschädigung für die Strapazen bisher. 2/3 des Aufstieges hatten wir hinter uns. Natürlich lässt sich der Anblick in keinem Bild einfangen, aber das kommt dem vielleicht nah:

Nach einigen Stunden, in denen wir nicht wirklich Ruhe gefunden hatten, ging es weiter. Wir entschieden uns dafür, unsere Decken im Lager zu lassen und beim Abstieg wieder mitzunehmen. Es war immer noch Nacht. Denn unser Ziel war es, den Sonnenaufgang zu sehen. Dann mal los. Die Motivation war zurück. Unser Weg führte uns über Felsabhänge und steile Wände. Als Gede auf eine Wand zeigte, lachten wir nur…wir dachten, dass wäre eher eine Felswand für einen professionellen Kletterer. Merke: Indonesien ist nicht Deutschland.

Ein wenig Höhenangst habe ich auch, aber jetzt half alles nichts mehr. Der Blick nach oben, Taschenlampe im Mund (hätten wir mal Stirnlampen gekauft) und Stück für Stück die Wand nach oben. Zwischendurch gab es immer wieder Stellen, an denen man auch mal sitzen konnte. Ich zeige Euch mal eine dieser Stellen:

Die Zeit arbeitete gegen uns. Der Himmel erhellte sich. Ich sprach mit Gede und sagte ihm, dass ich den Sonnenaufgang gern sehen möchte. Er erklärte mir den restlichen Weg und nahm ab diesem Zeitpunkt nur noch Rücksicht auf Nicolas. Seit unserem Zwischenstopp konnte Nicolas nicht mehr mithalten. Trotzdem wollte ich unser Ziel, den Sonnenaufgang zu sehen, nicht aus den Augen verlieren. Gede stieg also runter zu Nico und ich machte mich auf den Weg nach ganz oben. Ich hatte keine Schmerzen mehr. Ich wollte nur noch nach oben. Ich sah Kletterer, die über andere Wege zur Spitze gekommen waren. Wir motivierten uns gegenseitig und schafften es! Was für ein Gefühl. Die letzten hundert Meter führten horizontal über einen schmalen Kamm. Im Laufschritt zum Aussichtspunkt. Rechts und links ging es mehrere hundert Meter in die Tiefe:

Geschafft!!!

Auch Nicolas hatte nochmal die Motivation gepackt und er kam nur wenige Minuten nach mir am Aussichtspunkt an. Der Anblick war atemberaubend:

 Diese Bilder sind der einzige Grund, warum ich irgendwann eventuell doch noch einmal einen Aufstieg wagen würde. Das hat aber noch Zeit 😉

Wir verbrachten ungefähr 30 Minuten am Aussichtspunkt in 3142m Höhe. Die Temperaturen waren eisig. Der Abstieg stand bevor. Die Euphorie war noch da, also ging es super los. Jedoch nur genau bis zu dem Punkt, als ich das erste Mal auf dem Geröll ausrutschte. Ich hatte einfach keine Kraft mehr. Der Abstieg war gekennzeichnet von Stürzen und Schmerzen. Das letzte Bild entstand während der ersten Abstiegsetappe:

Soweit ich mich erinnern kann dauerte der Abstieg auch wesentlich länger als der Aufstieg. Nicht zuletzt aufgrund der Anzahl an Pausen. Die Luft war einfach raus. Zudem war unser Wasservorrat aufgebraucht. Was solls. Wir haben’s geschafft! Mein erster Vulkan und wahrscheinlich nicht der Letzte.

Beim nächsten Mal werde ich aber definitiv vorher intensiv trainieren 😉


Habt ihr etwas zum Thema Mountaineering oder zu einem anderen spannenden Thema zu berichten? Wollt Ihr Eure Erfahrungen auf Bali mit der Welt teilen, habt aber keine Plattform dafür? Habt ihr vielleicht selbst sogar als Volunteer vor Ort geholfen? Ihr seid eingeladen, Eure Erfahrungen in einem Gastbeitrag auf diesem Blog niederzuschreiben. Schreibt mir einfach eine kurze Mail mit Infos über Eure Person und Euer Thema an: [email protected] !

Hat euch der achte  Blogeintrag gefallen? Lasst es mich wissen und bleibt gespannt auf den nächsten Eintrag!

Zum ersten Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann

Zum zweiten  Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann2

Zum dritten  Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann3

Zum vierten  Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann4

Zum fünften  Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann5

Zum sechsten Eintrag:

http://balpo.me/wieallesbegann6

Zum siebten Eintrag:

http://balpo.me/wieallesbegann7

Liebe Grüße,

Daniel