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Wie alles begann #4: „Andere Länder, andere Sitten.“

STOPP! Hast Du die vorherigen Beiträge  noch nicht gelesen? Dann hol das am besten nach! Die Blog-Kategorie „Erinnerungen“ beschreibt eine fortlaufende Geschichte, beginnend im Jahr 2014. Nimm Dir doch 15 Minuten Zeit und schau nach, wie die Geschichte begonnen hat.

  • 1. Eintrag (Wie alles begann #1: „I’m going on an adventure!“)
  • 2. Eintrag (Wie alles begann #2: „Hello Mister Gottstein!“)
  • 3. Eintrag (Wie alles begann #3: „Der erste Dämpfer“)

Tag 2, Sonntag der 29.03.2015:  Der erste  Morgen auf der Insel der Götter.

Nach dem  Dämpfer gestern hatte ich noch einige Stunden mit Sophie geredet und die Besitzer des Homestays kennengelernt – Bapak Made (der Inhaber) und seine Frau (kurz: „Ibu“ für Mutter„). Sophie war übrigens Deutsche. Das erleichterte es mir ungemein, erstmal anzukommen und alle Fragen zu stellen, die mich bewegten. Sophie zeigte mir auch noch spontan den nächsten Supermarkt und Geldautomaten. Interessanterweise sind die meisten Supermärkte der Insel 24 Stunden geöffnet.  Artikel, wie Softdrinks und Snacks  à la „Pringles“ (Ja, ich bin eher der Chips-Fanatiker. Schokolade ist einfach nicht so mein Ding. Aber was nicht ist, kann ja noch werden..) waren fast identisch im Preis. Lediglich die Menge und Verpackung waren merklich  kleiner. Als durchschnittlicher Deutscher hatte ich so meine Probleme, überhaupt in die Pringles-Dose fassen zu können. Das Problem habe ich ja hier zu Lande schon. Kein Wunder – lt. Länderdaten.info ist der Durchschnittsmann in Indonesien 1,58 m klein, während der Durchschnittsdeutsche 1,80 m misst. Die Währung in Indonesien nennt sich  „Indonesische Rupiah“ (kurz: IDR). Für 1€ bekommt Ihr umgerechnet circa  14500 IDR. Der kleinste Betrag (Münze) sind 100 Rupiah (0,68 Cent). Tatsächlich kann  man für 100 Rupiah z.B. ein Päckchen Instant-Kaffee erstehen – wenn auch mit etwas Verhandlungsgeschick. Viele lokale Güter sind für unsere Verhältnisse extrem günstig: Öl, Reis, Tabakwaren, Instant-Nudeln, Tofu, Gemüse. Andere Dinge wiederum sind exorbitant teuer. Beispielsweise Alkohol. Ein schlauer Schachzug der Regierung. So kann der Alkoholkonsum zumindest teilweise eingeschränkt werden. Nichts desto trotz wird lokaler Palmschnaps  (Arrak) von den Einheimischen illegal hergestellt und konsumiert. In der Vergangenheit gab es zahlreiche Fälle, bei denen Touristen schwere körperliche Schäden bis hin zum Tod vom Arakk-Konsum davontrugen.  Wer von Euch plant, die Insel zu bereisen: Kauft unter keinen Umständen Arrak von Einheimischen auf der Straße!

Mitarbeiter in einem lokale Supermarkt („Indomaret“)

Die Nacht hatte ich nicht besonders gut geschlafen. Moskitos, Hitze, ein defekter Ventilator. Geräusche von Katzen und Hunden, die über die Hausdächer liefen. Ein paar mal war ich in der Nacht wach, weil ich dachte, dass jemand vor der Tür steht. Dabei versuchten die Katzen lediglich unter allen Umständen  in die Küche zu gelangen. Zu Hause schlafe ich bei einer Raumtemperatur von 18°C wie ein Baby. Mich weckt so schnell nichts. 30°C Raumtemperatur machen einem da schon zu schaffen. Letztlich hat mich aber mein Körper dazu bewegt, nach 36 Stunden Stunden völlig erschöpft einzuschlafen. Zimmertür auf. Es riecht nach Rauch. Mhm. Komisch. Naja, was solls. Ins Bad. Duschen. Erstmal das kalte Wasser an – endlich abkühlen. Etwas wärmer stellen. Da haben wir das nächste Problem. Der Dusche war es eigentlich egal, in welche Richtung man den Regler für die Wassertemperatur stellte. Das Wasser war kalt. Eiskalt. Oder dann zwischendurch komplett heiß. Aber was solls.  Ich hatte wenigstens eine Dusche.  Ich zog mir kurze Klamotten und Flip-Flops an. Tatsächlich hatte ich innerhalb der kompletten 12 Wochen maximal  1 Woche „normale“ Schuhe an. Irgendwie ein sehr, sehr befreites Gefühl. Man schlüpft morgens nach dem Duschen in die Flip-Flops, ob die Haare nass oder trocken sind ist egal. Draußen ist es sowieso warm. Alles trocknet innerhalb von Minuten. Daran kann man sich wirklich gewöhnen!

Zwei Vögel hielten Wache vor meinem Zimmer.  Jede Familie, die es sich leisten kann, hält in Indonesien teure Singvögel in Käfigen. Was für mich, vor allem nachts, einfach nur nervig war, ist in vielen asiatischen Ländern gang und gäbe. Warum?  Lest dazu den Blogeintrag von Aylin & Stefan: Die Indonesier haben ’nen Vogel.  Komang wartete schon auf mich. Heute stand ein Rundgang durch  unseren Stadtteil an (Peliatan, Ubud). Die erste Orientierung bei Tageslicht.  Circa 2 Stunden streiften wir durch die Straßen. Kinder, Ladenbesitzer, Touristen, Taxifahrer, Inhaber von  kleinen Warungs (Straßen-Verkaufsstände für Nahrungsmittel auf Rädern), der laute Straßenverkehr. Haufenweise Eindrücke prasselten auf mich ein. Nebenbei versuchte Komang mir ein paar indonesische Wörter beizubringen. Ich war ein wenig überfordert und einfach noch nicht so gelassen wie einige Wochen später.  Die Inselbewohner sind durchweg tiefenentspannt. Ist es zu heiß, wird geschlafen. Mittags wird sowieso erstmal eine längere Arbeitspause eingelegt. Vielleicht wird der Laden danach wieder aufgemacht. Vielleicht aber auch erst morgen. Der vollkommene Kontrast zur deutschen Lebenseinstellung. Wir kennen diese Lebenseinstellung aus Italien, Spanien und anderen südeuropäischen Ländern. Weniger verdienen, weniger materieller Besitz und trotzdem zufriedener als der Großteil der deutschen Bevölkerung.  Natürlich hat diese Lebenseinstellung auf der Insel der Götter andere Konsequenzen, die für mich persönlich untragbar wären. Kein eigenes Zimmer, die Familie lebt auf extrem wenig Raum zusammen. Möglicherweise noch hinter dem eigenen Ladengeschäft. Mann muss umso mehr arbeiten, um sich ein klein wenig Luxus, wie etwa eine 3-Zimmer- Wohnung, zu leisten.  Nichts desto trotz begegneten mir auf meinen Ausflügen (auch auf anderen  Inseln) fast ausschließlich nur zufriedene und glückliche Menschen.

Die Sonne brannte auf meiner Haut. Wir waren fast am Ende unseres Rundgangs angekommen.  Als wir an einer kleinen Werkstatt für Motorroller vorbeigingen, entflammte plötzlich der Motor eines Rollers, an dem  ein Mann gerade noch geschraubt hatte. Der Mechaniker wich zurück und griff nach einer Wasserflasche hinter sich. Komang handelte blitzschnell, riss mir meine Wasserflasche aus der Hand und  löschte die Flammen. Er hatte gesehen, dass die Flasche des Mechanikers leer war. Ob es die beste Idee war, Wasser auf eine Flamme an einem Motor zu schütten, ist eine ganz andere Frage. Für mich war es der Initiator dafür, die Beziehung der Balinesen untereinander zu verstehen. Der Mechaniker bedankte sich mit einer kleinen Geste. Nichts besonderes. Komang erzählte mir auf unserem Heimweg, dass es ganz normal sei sich untereinander zu helfen. Egal in welcher Situation. Der Zusammenhalt der Locals ist für mich einmalig und reicht  bis in die extremsten Notsituationen. Im Jahr 2016 wurde ich Zeuge eines Großbrandes. Ohne den Zusammenhalt der Dorfbewohner wäre ein ganzes Viertel abgebrannt. Denn eine wirklich organisierte Feuerwehr gibt es auf Bali nicht.

 Über die Umstände hinter dem Brand spreche ich in diesem Video-Log: Balipockets 2016 | VLOG #3

Hat euch der vierte  Blogeintrag gefallen? Lasst es mich wissen und bleibt gespannt auf den nächsten Eintrag.

Zum ersten Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann

Zum zweiten  Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann2

Zum dritten  Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann3

Liebe Grüße,

Daniel

Wie alles begann #3: „Der erste Dämpfer“

STOPP! Hast Du Beitrag 1 und 2 noch nicht gelesen? Dann lies bitte noch nicht weiter! Die Blog-Kategorie „Erinnerungen“ beschreibt eine fortlaufende Geschichte, beginnend im Jahr 2014. Nimm Dir doch 10 Minuten Zeit und schau nach, wie die Geschichte begonnen hat.

  • 1. Eintrag (Wie alles begann #1: „I’m going on an adventure!“)
  • 2. Eintrag (Wie alles begann #2: „Hello Mister Gottstein!“)


Stimmen. 

Ich höre jemanden reden. Genau dort muss ich hin. Einmal durchatmen. „Hello guys!“ rief ich – und ging auf die beiden zu…

Sophie und Komang hatten schon auf mich gewartet. Ich war aufgeregt, erschöpft und ungewohnt schüchtern zugleich. Meine größte Sorge war mein durchschnittlich gutes Englisch. Wie gut sprechen die anderen Freiwilligen? Macht sich wohl jemand über mich lustig, weil ich vielleicht schlechter spreche? Tausend Gedanken schwirren einem in solchen Momenten durch den Kopf. Wie immer möchte man doch einfach nur einen guten Eindruck machen. Akzeptiert werden. Während meiner Schulzeit hatte ich damit nie Probleme. Vorträge und Präsentationen halten, ein Projekt vorstellen, aus der kalten improvisieren – kein Problem für mich. In diesem Moment verstand ich, warum manche Mitschüler solche Angst davor hatten, vor der Klasse zu stehen. Meine Hände schwitzten. Den Moment hatte ich schon ein paar Mal versucht in meinem Kopf durchzuspielen. Erfolglos. Wie soll man sich auch auf eine Begegnung mit fremden Menschen in einer vollkommen fremden Umgebung am anderen Ende der Welt vorbereiten?

Komang lachte. Anscheinend schaute ich genauso verdutzt drein wie die meisten Volunteers vorher. Komang war wie Hendra auch Mitarbeiter der Organisation vor Ort und zuständig für die Koordination und Planung (Einsatz der Volunteers an den verschiedenen Schulen, Durchführung von außerschulischen Aktivitäten, Indonesisch-Unterricht und vieles mehr). Ich konnte Komang von Anfang an recht gut verstehen; den Dialekt kannte ich ja nun schon von Hendra und hatte mich während der Autofahrt so gut es ging daran gewöhnt. Auffallend: Komangs‘ Dauergrinsen. Sowas hatte ich auch noch nicht gesehen. Gute Laune hin oder her, aber das war für mich zu diesem Zeitpunkt einmalig. Ständig ein Witz auf den Lippen. Komang steckte mich noch am gleichen Abend mit seiner Art an.

Komang, Quelle: Facebook.com

Gegenüber von Komang saß offensichtlich eine andere Volunteer – Sophie. Natürlich wusste ich nicht, aus welchem Teil der Welt Sie kam. Also stellte ich mich auf Englisch vor und verschwendete auch keinen Gedanken mehr daran, in meiner Zeit auf Bali auch nur ein einziges Wort Deutsch zu sprechen. Sophie klärte mich darüber auf, dass noch eine weitere Freiwillige da ist, aber gerade in ihrem Zimmer schläft. Schweiß lief über meine Stirn und tropfte auf den Boden. Binnen weniger Minuten war meine Haut von einem Flüssigkeitsfilm überzogen.

22.30 Uhr: Ich wollte unbedingt duschen. Raus aus meinen langen Klamotten. Abkühlen. Mich wieder wohl fühlen. Ich fragte Komang, ob ich nicht erstmal duschen und meine Sachen verstauen durfte. „Yes, yes, brother, no problem!“ – Das hörte sich gut an. Hendra verabschiedete sich für diesen Tag und machte sich auf den Heimweg. Immerhin hatte er noch 40 Minuten Fahrt mit dem Motorrad vor sich. Ich verabschiedete mich also von Hendra und bedankte mich für die ersten Stunden mit ihm auf der Insel der Götter. „No worries my friend!“ entgegnete er lächelnd. Charakterlich waren Hendra und Komang vollkommen verschieden. Hendra wirkte wesentlich erwachsender, ruhiger und gesetzter. Er wählte seine Worte mit Bedacht. Komang war das komplette Gegenteil. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich aber noch nicht, welche ernsthaften Schwierigkeiten uns seine augenscheinlich „lockere“ Art noch bereiten würde.

Hendra und Ich (2016)

Komang erklärte mir, dass von der Organisation drei Zimmer in einem „Homestay“ (ähnlich einem kleinen Hostel, betrieben von einer balinesischen Familie) angemietet wurden, in denen die Volunteers untergebracht sind. Üblicherweise ein Zimmer für die männlichen Freiwilligen und zwei Zimmer für die „perempuan“ (indonesisch für Frauen). Weiter ging es in die Küche. Wasserspender, Gasherd, ein Wok, eine Pfanne, ein paar Teller, Schüsseln, Tassen, Besteck. Perfekt. Lediglich der Geruch war etwas gewöhnungsbedürftig. „Always lock the door!“ – Warum sollte man nach jedem Besuch in der Küche die Tür verriegeln? Hühner. Hunde. Katzen. Ratten. Auf Bali leben viele Tiere auf der Straße und gehen vor allem nachts auf Beutezug. Tatsächlich habe ich innerhalb von 12 Wochen nur einmal vergessen die Tür zu verriegeln. Die Konsequenzen schildere ich Euch zu einem späteren Zeitpunkt.

Ein kurzer Blick in das Bad (auf der Website beschrieben mit „westlich eingerichtetes Badezimmer mit Warmwasser“): Ein alter Duschkopf hing von der Wand, eine handelsübliche Toilette und ein Waschbecken inklusive Spiegel. Das hatte ich mir trotz attraktiver Beschreibung schlimmer vorgestellt. Freudig ging es eine Tür weiter in mein Zimmer. Obwohl ich wusste, worauf ich mich eingelassen hatte, waren die Erwartungen an das Zimmer nicht zu klein. Immerhin hatte ich einen 4-stelligen Betrag für das Programm bezahlt (exkl. Flügen, Verpflegung, Unternehmungen). Der Programmpreis beinhaltet also zu einem Großteil die Möglichkeit, an einer Schule zu unterrichten (Zahlen um zu helfen?) und zum anderen eben die Unterbringung. Was erwartet man also von einem Raum, in dem man (potentiell zu zweit) für einen Betrag von jeweils ~700-1200€  untergebracht ist?

Die einen würden sagen: „Naja, unter den klimatischen Umständen, vielleicht eine Klimaanlage.“ Andere wiederum würden wenigstens einen Kleiderschrank vermuten. Weder noch. 5 Plastikschubladen, 2 Betten, 1 kaputter Ventilator – der erste Dämpfer.

Hat euch der dritte  Blogeintrag gefallen? Lasst es mich wissen und bleibt gespannt auf den nächsten Eintrag.

Zum ersten Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann

Zum zweiten Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann2

Liebe Grüße,

Daniel