STOPP! Hast Du die vorherigen Beiträge  noch nicht gelesen? Dann hol das am besten nach! Die Blog-Kategorie „Erinnerungen“ beschreibt eine fortlaufende Geschichte, beginnend im Jahr 2014. Nimm Dir doch 15 Minuten Zeit und schau nach, wie die Geschichte begonnen hat.

  • 1. Eintrag (Wie alles begann #1: „I’m going on an adventure!“)
  • 2. Eintrag (Wie alles begann #2: „Hello Mister Gottstein!“)
  • 3. Eintrag (Wie alles begann #3: „Der erste Dämpfer“)
  • 4. Eintrag (Wie alles begann #4: „Andere Länder, andere Sitten.“)

Tag 3, Montag der 30.03.2015, 06.30 Uhr:  Aufstehen. Der Morgen meines ersten Schultags.

Ich hatte mich schon ein wenig eingelebt, einen neuen Ventilator bekommen und mich mit den Besitzern des Homestays ganz gut angefreundet. Die Hitze machte mir weiterhin sehr zu schaffen. Mindestens drei bis vier mal am Tag duschen konnten aber zumindest etwas Abhilfe schaffen. An das Essen hatte ich mich schon gewöhnt, mein Magen allerdings noch nicht. Den typischen balinesischen Speisen widme ich meinen nächsten Blogeintrag. Bali bietet nämlich einiges mehr als Reis und Sambal.

Hendra wartete schon vor meiner Zimmertür. In Deutschland lasse ich niemanden warten. Also beeilte ich mich beim Duschen und Umziehen und sprang aus meinem Zimmer. Hendra fragte, warum ich denn so aus der Puste bin. „Ich wollte dich nicht warten lassen!“ – „Haha. Wir gehen erst in einer Stunde los. Lass dir ruhig Zeit. Wir sind hier auf Bali“, entgegnete Hendra lächelnd. Vierzig Minuten Fahrtweg lagen zwischen Hendras Wohnort Klungkung und der Volontärsunterkunft. Deswegen fuhr Hendra immer „ein paar Minuten eher los“, um dann auf dem gefliesten Podest vor meinem Zimmer noch ein wenig zu schlafen – den Körper auf den blanken Fliesen, unter den Kopf lediglich seinen kleinen Rucksack gelegt. Aber es sah trotzdem ziemlich gemütlich aus.

Die erste Unterrichtsstunde stand kurz bevor und  ich konnte quasi kein Wort Indonesisch. Zwölf Jahre deutscher Schulunterricht haben mich gelehrt, dass neue und vor allem jüngere Lehrer oft mit viel Enthusiasmus und einer strukturierten Unterrichtsplanung aufwarten können. Ich hatte vorab nach einem Lehrplan gefragt oder nach einer ungefähren Richtlinie für meinen Unterricht. In den unteren Klassenstufen wird der Englischunterricht allerdings nicht wirklich ernst genommen. Die Englischlehrer sprechen meist selbst nicht besonders gut. Tatsächlich ist das ein durchaus großes Problem in ganz Indonesien.  Denn Englisch bildet dort die Grundlage für den Einstieg in fast alle Jobs. Die Insel der Götter lebt vom Tourismus. Viele Kinder sehen ihre Perspektiven ausschließlich in der  Hotel- und Restaurantbranche. Umso bedauerlicher, dass es an fähigen Englischlehrern und Berufsberatungen/Workshops mangelt. Das Interesse der Kinder und Jugendlichen ist definitiv da! Alle haben Lust, etwas zu lernen und für ihre Zukunft zu tun. Genau an dieser Stelle wollen wir etwas bewegen! Zukünftig wird Balipockets alles daran setzen, Aufklärungsarbeit zu leisten und Workshops an Schulen anzubieten. Dazu wird es demnächst noch einen eigenen Blogeintrag geben. Auch ihr könnt ganz einfach Teil des Projektes werden, wenn Ihr denn möchtet.

Meine Schüler und ich in der SD N1 Peliatan, Ubud

Die Devise für diese und alle kommenden Unterrichtsstunden lautete: Spontanität.

Es gab ein Arbeitsheft, in dem pro Klassenstufe verschiedene Themen aufgezeigt worden. Für jede Stunde sollte ich mir ein Thema aussuchen. Dabei spielte es allerdings keine Rolle, ob das Thema erst in der nächsten Klassenstufe dran kam. Wichtig war vor allem, dass die Kinder Spaß haben und nicht zu viel selbst arbeiten müssen. Unterrichtsbeginn war um 8.00 Uhr (+- 15 Minuten). Vor jeder Unterrichtsstunde gingen Hendra und ich in das Lehrerzimmer, um mit der Schulleitung und den anderen Lehrern zu quatschen. Bei meinem ersten Besuch  gestaltete sich das etwas schwierig. Ich verstand kein Indonesisch, fast alle Lehrer konnten nicht ein Wort Englisch. Hendra übersetzte in den ersten Wochen für mich. Vor der ersten Unterrichtsstunde wurde selbstständig von den Kindern gebetet. Sobald das Gebet beendet war, begann mein „Arbeitstag“. Jede Stunde startete  mit einer förmlichen, religiösen Begrüßung, ausgehend vom Lehrer. Diese wurde dann von den Schülern erwidert. Natürlich hatte mir das vorher niemand gesagt. Ich trat lächelnd in das Klassenzimmer und rief selbstsicher „Hello! Selamat pagi!“ (Hallo! Guten Morgen!). Fataler Fehler. Ich schaute in entgeisterte Gesichter. Hendra übernahm die Führung und erklärte, dass ich der neue Lehrer für die nächsten Wochen wäre. Danach wies er mich darauf hin, dass vor der Stunde erstmal eine förmliche Begrüßung stattfindet. Ich entschuldigte mich und stellte mich der Klasse vor. Da der Großteil der Schüler noch sehr wenig verstand, übersetzte Hendra jeden meiner Sätze für die Klasse. Danach ging ich durch die Reihen. Jeder Schüler stellte sich einmal kurz auf Englisch vor. Das klang dann ungefähr so: „My name is Anak Agung Istri. You can call me Istri. My hobby is drawing“. Natürlich konnte ich mir auf Anhieb keinen Namen merken, vor allem nicht bei einer Klassenstärke von 30 – 35 Schülern.

Das Thema für meine erste Unterrichtsstunde lautete Jahreszeiten. Ich fing also an ein wenig über die verschiedenen Jahreszeiten zu reden, während Hendra fleißig ins Indonesische übersetzte. Fragende Gesichter. Warum erzählt dieser Mann von vier verschiedenen Jahreszeiten? Denn auf Bali ist entweder Regen- oder Trockenzeit. Es gibt keinen Schnee. Keinen typischen Herbst oder Frühling. Entweder ist es warm und nass oder warm und trocken. Trotzdem sollte ich auch ein wenig über die klimatischen Verhältnisse in anderen Teilen der Welt aufklären. Der Unterricht funktionierte erstaunlich gut. Die Kinder machten super mit. Zwischendurch wurde immer wieder ein Lied gesungen (z.B. der Bingo Song) oder ein Spiel gespielt. Die Unterrichtsstunden gingen in der Regel 90 Minuten, konnten aber auch mal wesentlich eher vorbei sein. Am Ende bedankte sich jeder Schüler einzeln mit einem Handschlag oder einer Verbeugung. Oft wurde auch als besonderes Zeichen des Respekts die Hand des Lehrers bei der Verbeugung zur Stirn geführt.

Fazit: Der Unterricht auf Bali unterscheidet sich in fast allen Punkten vom deutschen Schulunterricht. Türen und Fenster sind offen. Hunde oder Hühner laufen während des Unterrichts durchs Klassenzimmer. Essen und Trinken ist kein Problem. Jeder Schüler darf den Raum verlassen wann und aus welchem Grund er oder sie möchte. Der Lautstärkepegel ist höher, aber nicht unangenehm – lebhaft eben. In der Grundschule dürfen die Kinder auch wirklich noch Kinder sein. Spiele lockern den Unterricht nicht nur auf, sondern bilden einen grundlegenden Teil des Unterrichtsgeschehens. Die Schüler haben die ganze Zeit ein Lächeln auf den Lippen. Es gibt keine Druck- oder Stresssituationen.

Was definitiv auf der Strecke bleibt, ist die eigentliche Wissensvermittlung. Die Schüler lernen nur einen Bruchteil von dem, was deutsche Schüler in einer Unterrichtsstunde aufnehmen müssen. Hausaufgaben entfallen fast vollständig. Leider gab es auch nicht immer genug Material für alle. So mussten sich oft Kinder ein Heft teilen oder sogar ganz darauf verzichten, bei Texten mitlesen zu können. Soweit ich konnte, kaufe ich bereits während meiner Zeit auf Bali Unterrichtsmaterial für die Kids. Es tat mir einfach zu leid, dass teilweise 6 Kinder um ein einzelnes Heft kämpfen mussten. Genau dort bietet Euch unser Projekt die Möglichkeit, binnen Sekunden zu helfen. Einmalig oder dauerhaft spenden oder sogar Vereinsmitglied werden und uns langfristig unterstützen und Kindern eine Perspektive bieten. Klickt Euch rein und seid dabei! Ich freue mich über jeden, der einen Tag auf seinen Kaffee verzichten kann und stattdessen 2€ für eine unserer Partnerschulen auf Bali spendet. Ja, ich will helfen!

Hat euch der fünfte  Blogeintrag gefallen? Lasst es mich wissen und bleibt gespannt auf den nächsten Eintrag, in dem ich mich dann mit der balinesischen Küche beschäftige.

Zum ersten Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann

Zum zweiten  Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann2

Zum dritten  Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann3

Zum vierten  Eintrag:

 http://balpo.me/wieallesbegann4

Liebe Grüße,

Daniel