Jenaerin absolvierte im Herbst ein Praktikum bei uns.

Magdalene Graf, genannt Maggy, kam im Sommer mit dem Wunsch auf uns zu, unsere Arbeit vor Ort kennenzulernen. Nach einigen Bedenken, ob wir so etwas überhaupt schon „anbieten“ können, entschieden wir uns dafür, ihr ein Praktikum zu ermöglichen. Dies wurde nur möglich, da wir uns auf unsere lokalen Partner verlassen konnten. So konnte Maggy gemeinsam mit der Bali-Caring-Community Schulen besuchen und für uns scouten. Aber am allerwichtigsten für uns und Maggy war wieder Ayu. Gemeinsam waren die beiden Frauen für Balipockets unterwegs. Dabei dokumentierte Maggy ihre Arbeit sehr ausführlich, sodass wir nun einige neue Projektdossiers anlegen durften, die nun bearbeitet werden. Aber genug der Vorrede. Jetzt hat Maggy das Wort und blickt auf ihre Zeit auf Bali für uns zurück:

 

Noch bevor ich mein Praktikum bei Balipockets begann, meinte jemand kopfschüttelnd und grinsend zu mir: „Du machst Praktikum dort, wo andere Urlaub machen!”  Diesem Privileg war ich mir von Anfang an bewusst und trotzdem wird es mir jetzt, da ich seit einigen Wochen wieder in Deutschland bin und das Ganze mit etwas Abstand betrachten kann, vielleicht sogar nochmal bewusster! Gleichzeitig habe ich Bali nicht nur als Urlaubsland, sondern auch als ein Land mit vielen Baustellen kennengelernt. Ich bin sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich machen konnte und möchte die Zeit  in meinem Bericht noch einmal Revue passieren lassen.

Ganz besonders dankbar bin ich für die Zeit, die ich mit Ayu, der lokalen Projektkoordinatorin von Balipockets, verbringen konnte. Gemeinsam mit ihr habe ich ich bereits zwei Schulen besucht, die SDN 1 Pejeng Kangin und die SDN 1 Peliatan. Die Besuche stellten sich dank der Übersetzungen von Ayu als sehr unkompliziert heraus. (Keiner der Lehrer konnte gut Englisch sprechen, somit hätte ich das allein nie geschafft.) Wir wurden offen empfangen, durften uns alles anschauen und Fotos machen. Generell hatte ich den Eindruck, dass die von Balipockets bereitgestellten Materialien und Räume gut genutzt und wertgeschätzt werden. Dennoch haben die Schulen noch einzelne Schwachstellen, wie beispielsweise noch nicht renovierte Toiletten oder schimmelnde Decken. Eine Tatsache, mit der sich Balipockets vermutlich längst abgefunden hat, die mich aber immer wieder ärgerte und ärgert, ist die oft schlechte Unterstützung der Schulen seitens der Regierung. Ebenso ärgerten mich die starken Unterschiede in der Qualität der einzelnen Schulen, die auf eine sehr unausgewogene Unterstützung seitens der Regierung schließen lässt.

Maggy und Ayu in der SD Pejeng Kangin

Ein weiteres Highlight meines Praktikums war das Treffen mit dem Stipendiaten Nengah, sowie seiner Schwester und deren Freund. Zwar ist sein Englisch noch nicht sehr gut, dennoch war es schön, einen Eindruck von ihm und seinem Leben zu bekommen. Er hat ein wahnsinnig positives Lächeln, ist motiviert die Uni zu beginnen und hofft, eines Tages mal nach Deutschland kommen zu können. Dass er dankbar für die Möglichkeiten, die im Balipockets bietet, ist, steht außer Frage!

Innerhalb der letzten zwei Wochen habe ich insgesamt vier weitere Grundschulen (Elementary Schools), sowie drei Kindergärten besucht, noch eine Nacht in Ayus Dorf verbracht und bin der Kultur vermutlich nochmal ein Stückchen nähergekommen. Dazu beigetragen hat beispielsweise der Besuch der Heiligen Wasser “Tirta Empul”. Hier findet man eine Tempelanlage mit großen Wasserbecken, in denen sich Hindus mit Quellwasser nach ganz bestimmten Ritualen reinwaschen oder Wasser für Verstorbene holen. Ayu nahm mich mit zu diesem besonderen Ort und gemeinsam besuchten wir auch die Schulen “SDN 3 Pejeng Kangin” und die “SDN 4 Antiga”. Im Gegensatz zu den anderen Schulen, die ich besucht habe, hat Balipockets in der SDN 4 Antiga bislang kein Projekt durchgeführt. Ayu und ich hatten den Eindruck, dass die Schule schon gut ausgestattet ist, was wohl daran liegt, dass der Schulleiter sehr viele Leute mobilisiert, die ihn und die Schule unterstützen und dabei alle Mängel hervorhebt und akribisch dokumentiert. Meine Eindrücke und Fotos gab ich an das Balipockets-Team für eine “objektive Einschätzung von außen” weiter – inzwischen war Daniel selbst vor Ort und es wurde festgelegt, wie und mit welcher Summe die Schule sinnvoll unterstützt werden kann und sollte.

In der SDN Antiga

Der intensivste Tag war der 17.9.! Nicht nur, weil ich allein mit dem Scooter in den Westen Balis fuhr, sondern auch, weil Iluh, eine Freiwillige der Bali-Caring-Community, die mir zwei Schulen zeigen wollte, nur brüchig Englisch spricht. Eher zur Absicherung als in dem Glauben, dass ich es wirklich brauchen würde, ließ ich mir die essentiellsten Fragen für ein Gespräch vor Ort von Ayu auf Indonesisch übersetzen. Kaum angekommen stellte sich heraus, dass das ein Geistesblitz gewesen war! Wir besuchten zwei Schulen, die große Probleme mit den Toiletten haben und seit mehreren Jahren versuchen für die Renovierung Gelder von der Regierung zu bekommen – leider jedoch ohne Erfolg. In beiden Schulen wäre aus meiner Sicht umgehende Hilfe angebracht und notwendig. In der einen (SDN 3 Duda Utara) gibt es für über 140 Schülerinnen bloß eine Toilette und zwar ohne Klärgrube! Die andere Schule (SDN 3 Jungutan) besitzt zwei Toiletten für etwa 90 Schüler, jedoch ist das 20 Jahre alte Toilettengebäude in einem schlechten Zustand und es muss zum Spülen stets Regenwasser in die Toiletten getragen werden. Grundsätzlich hatte ich den Eindruck, dass auf Bali den Sanitäranlagen erschreckend wenig Bedeutsamkeit bzw. Mittel eingeräumt werden. Ich habe nur eine Schule entdeckt, die gute Toilettenanlagen aufzuweisen hatte und das war die SDN 4 Antiga.

Die Toilettenanlage der SDN Jungutan

Innerhalb der zweiten Hälfte meines Praktikums konnte ich außerdem noch einmal einen Einsatz der Bali-Caring-Community (der Kooperationspartner von Balipockets) begleiten. Wie schon bei meinem ersten Einsatz besuchten wir bedürftige Familien und/oder Einzelpersonen in abgeschiedenen Gebieten. Teils leben die Leute so abgeschieden, dass ihre Wohnungen nicht mit dem Auto, sondern nur zu Fuß oder mit dem Scooter zu erreichen sind. Diese Besuche führten mir erneut vor Augen, dass Bali eben nicht nur eine Urlaubsinsel ist, auch, wenn man Bali häufig mit Urlaub, Strand, Entspannung, Yoga und Co. assoziiert. Nicht nur auf dem Land leben Menschen, die um das Überleben kämpfen müssen.  Nebst den bewegenden Besuchen bei einzelnen Personen, standen auch Besuche von drei Vorschulen im Tagesprogramm der BCC. Generell können Kinder auf Bali schon sehr früh eine Vorschule besuchen und einige Stunden mit gleichaltrigen verbringen, sowie spielerisch erste Buchstaben und Zahlen lernen. Nicht immer halten die Eltern das für notwendig oder sinnvoll oder können es sich leisten. Verpflichtend ist die Schule erst ab der 1. Klasse. Wir besuchten drei dieser Vorschulen. Keine von ihnen hat ein eigenes Gebäude zum Unterrichten, daher müssen sie die Versammlungsräume der Gemeinden nutzen. Problematisch hinzu kommt außerdem, dass die LehrerInnen teils vollkommen unzureichend bezahlt werden (können). Die BCC brachte Geschenke zu den Kindern und versucht nun über die Website Sponsoren zu finden, die den Bau einer adäquaten Einrichtung unterstützen würden. Aus meiner Sicht leistet die Bali-Caring-Community auf Bali eine wunderbare Arbeit, denn sie versuchen und schaffen es, den Bedürftigsten zu helfen.

Maggy unterwegs mit der BCC

Neben meinen “Pflichten” im Praktikum hatte ich außerdem auch innerhalb der letzten zwei Wochen Zeit, durch Reisfelder zu schlendern, hinduistische Feste zu besuchen und mich im sogenannten “Yoga-Barn” in Yoga und Meditation zu üben, was ich sehr genoss. Aber was bleibt nun zurück nach sechs Wochen auf der “Insel der Götter”?

Ich gehe und würde eigentlich gerne bleiben! Im Laufe der Zeit habe ich mich auf der Insel immer mehr zu Hause gefühlt und so fiel der Abschied ganz schön schwer… ich werde vermissen, wie wohlwollend, offenherzig und hilfsbereit die Menschen sind – Eigenschaften, die in der Hektik und individuellen Zielstrebigkeit in Deutschland oft zu kurz kommen, die man sich aber, wenn irgendwie möglich, erhalten bzw. aneignen sollte!! Ich gehe und habe eine blumige, tanzende, betende und “Sarung” tragende neue Kultur und Religion kennengelernt, deren Rituale und Traditionen ich vermutlich nicht ansatzweise verstehe, aber schätze. Ich gehe mit einem Batzen neuer Eindrücke, von denen ich noch nicht weiß, wie ich mit einigen – sehr traurigen – umzugehen habe. Dazu gehört unter anderem der starke Kontrast zwischen Arm und Reich, der auf Bali auf so engem Raum stark deutlich wird. All das beweist aus meiner Sicht, dass Bali oft in das trügerische Licht der tollen Urlaubsinsel gerückt wird, die sie zwar ist, aber der Begriff “Urlaubsinsel” wird der Vielseitigkeit der Insel nicht gerecht!

 

Maggy und Ayu

 

Ich gehe und bin inspiriert von dem, was Freiwilligenarbeit, wie die von Balipockets oder der BCC, möglich macht und dem, was noch zu tun ist. Und ich gehe mit viel Dankbarkeit für das, was ich erleben durfte! Die Zeit war für mich persönlich in vielerlei Hinsicht sehr bereichernd und ich habe mein Bestes getan, die tolle Arbeit von Balipockets effizient zu unterstützen. Mein größter Dank gilt Ayu, Balis bester Lokal-Koordinatorin, die mich nicht nur unterstützt hat, sondern auch meine Freundin geworden ist! Ich danke der BCC dafür, dass ich sie mich auf ihre Einsätze mitgenommen und mich ins Team integriert haben und selbstverständlich Balipockets für all die Erfahrungen und Möglichkeiten, die mir Dank des Praktikums zuteil geworden sind. Vielen Dank für Euren Einsatz für die positiven Veränderungen im Leben von anderen Menschen – das ist etwas sehr Einzigartiges!

Maggy

 

 

Wir sind sehr stolz auf „unsere“ Maggy. Sie hat die Zeit und viele Hürden toll gemeistert und ihre Eigenständigkeit und Anpassungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Demnächst werden wir uns mit ihr treffen und noch einmal im persönlichen Gespräch über ihre Erfahrungen zu reden. Gerade arbeiten wir daran, unser Angebot für Freiwilligenarbeit auf Bali zu definieren und strukturieren. Im nächsten Jahr könntest Du ja auf Maggy folgen, wie wäre das?  Infos dazu gibt es in Kürze.